Gastrinom

Wichtige Differenzialdiagnose bei Ulcera und Diarrhö

Gastrinome sind nach den Insulinomen die häufigsten endokrin aktiven Tumoren des Pankreas. Sie treten sporadisch oder in 25 % aller Fälle im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie vom Typ 1 (MEN 1) auf. Die Inzidenz des Gastrinoms beträgt 1–5 Fälle/pro 1 Million Einwohner/pro Jahr, die Prävalenz wird mit 0,1 % aller Patienten mit Ulcus duodeni angegeben. Das mittlere Alter bei Diagnose beträgt 41 Jahre, wobei zwischen Auftreten der Symptome und Diagnose durchschnittlich 5,2 Jahre vergehen. 60 % aller sporadischen Gastrinome sind maligne, bei Diagnose lässt sich bei 25–30 % der Patienten eine Metastasierung, vorzugsweise in die Leber, belegen. Sporadische Gastrinome sind zu 38 % im Pankreas, zu 38 % im Duodenum, zu 4 % in Duodenalwand-nahen Lymphknoten und zu 20 % in anderen Organen wie Magen, Jejunum, Leber, Gallenwege, Ovar, Pylorus und Lunge lokalisiert. Im Rahmen des MEN 1 treten bevorzugt duodenale, meist multiple Gastrinome auf (70–100 %). Sie sind histologisch in der Regel gut differenziert, Lymphknoten­metastasen sind häufig und eine Diarrhö tritt selten auf. Klinisch manifestiert sich das Gastrinom durch vermehrte Säuresekretion des Magens (niedriger pH-Wert) und Ulzerationen im oberen Gastrointestinaltrakt, auch Zollinger-Ellison-Syndrom genannt.

Beim Auftreten eines Gastrinoms ist auch immer einer möglichen Vergesellschaftung mit der multiplen endokrinen Neoplasie vom Typ 1 (MEN 1) nachzugehen. Diese ist durch das kombinierte Auftreten folgender Tumoren gekennzeichnet, die dann weiterführend ausgeschlossen werden sollten:

  • Adenom oder Adenome der Nebenschilddrüse(n) bei primären Hyperparathyreoidismus
  • Hypophysenvorderlappenadenom (vermehrte Produktion von Prolaktin, STH [GH], ACTH, sehr selten FSH, TSH, Melanotropin)
  • Gastroenteropankreatische Tumoren wie Insulinom, Glukagonom, ViPom, PPom (pankreatisches Polypeptidom)
  • Nebennierentumoren (vermehrte Produktion von Kortisol, Adrenalin, Noradrenalin)
  • Hauttumoren (Lipome)

Die häufigsten Organbeteiligungen bei MEN 1

Die MEN 1 ist klinisch durch das Auftreten von Tumoren der Nebenschilddrüsen, der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und eines Teils der Bauch­speicheldrüse gekennzeichnet. Bei einem MEN-1-Patienten sind typischerweise mindestens zwei dieser Organe betroffen.

Indikation

Gastrin im Serum sollte bei folgenden Indikationen bestimmt werden:

  • Schweres peptisches Ulcusleiden, insbesondere mit Diarrhö
  • Rezidivierende peptische Ulcera; therapierefraktäre Ulcera; Ulcera mit Komplikationen (Blutung, Perforation)
  • Ulcera ohne H. pylori-Nachweis und ohne dass sonstige Risikofaktoren bestehen (z. B. Acetylsalicylsäure)
  • Schwere Refluxösophagitis, insbesondere mit Diarrhö
  • Chronische sekretorische Diarrhö
  • Aufgehobener Tag-Nacht-Rhythmus bei einer 24-h-pH-Metrie mit pH-Werten konstant < 2,0
  • Patienten mit MEN 1; Verdacht auf MEN 1
Symptome und ihre Frequenz beim Gastrinom
SymptomFrequenz
Ulzerationen im oberen Gastrointestinaltrakt, insbesondere bulbär und postbulbär, selten im distalen Duodenum/Jejunum> 90 %
Abdominalschmerzen> 75 %
Wässrige Diarrhö und Abdominalschmerzen30–75 %
Gastroösophageale Refluxerkrankung bzw. Refluxösophagitis44–56 %
Isolierte Diarrhö2–20 %
Cushing-Syndrom mit ektoper ACTH-Sekretion (assoziiert mit schlechter Prognose)6 %
Koexistentes Phäochromozytomselten

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