Hinweise zur Labordiagnostik von Geschlechtskrankheiten
Sexuell übertragbare Infektionen (STI) sind seit der Antike bekannt und stellen bis heute ein weltweites medizinisches Problem dar. Die WHO berichtet über 376 Millionen STI-Neuerkrankungen an Chlamydia trachomatis, Neisseria gonorrhoeae (Gonnorrhö), Treponema pallidum (Syphilis) und Trichomonas vaginalis in 2016. In Europa werden vom ECDC für die Jahre 2009 bis 2018 steigende Infektionszahlen für Gonorrhö- und Syphilis mitgeteilt. In Deutschland ist 2019 die höchste Anzahl von Syphilisinfektionen seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes gemeldet worden.
Neben Aufklärung und Beratung zu Risiken und Schutzmöglichkeiten kommt einer zuverlässigen Diagnostik und gezielten Therapie eine besondere Bedeutung zu. In den letzten Jahren sind eine Reihe neuer Erkenntnisse über sexuell übertragbare Infektionen gewonnen worden, die Konsequenzen für die STI-Diagnostik haben.
Typische Beschwerden und ihre Ursachen | ||
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STI-Diagnose | Symptomatik | Mögliche Erreger |
Urethritis/Epididymitis | Dysurie mit oder ohne urethralem Fluor, skrotale Schwellung | N. gonorrheae C. trachomatis M. genitalium T. vaginalis* U. urealyticum |
Zervizitis/PID | Fluor, azyklische vaginale Blutungen, Kontaktblutungen, akute/chronische Unterbauchschmerzen bei Frauen mit oder ohne Dyspareunie | N. gonorrheae C. trachomatis M. genitalium T. vaginalis* |
Proktitis | rektale Blutung, Defäkationsschmerz, Sekretion | N. gonorrheae C. trachomatis (Serovare L1–L3) M. genitalium |
Vaginose | vermehrter vaginaler Fluor ggf. mit Brennen, Juckreiz, Geruchsbelästigung | polymikrobieller G.-vaginalis-Biofilm |
Ulzera (anogenital), Paraphiose | Hautveränderungen in der Anogenitalregion | T. pallidum** C. trachomatis (Serovare L1–L3) H. ducreyi HSV 1, 2 VZV |
Ulzera (oral) | Tonsillitis, Schluckbeschwerden | T. pallidum C. trachomatis (Serovare L1–L3) H. ducreyi |
Exanthem, Enanthem | T. pallidum HIV | |
Lymphknotenschwellungen | C. trachomatis (Serovare L1–L3) H. ducreyi N. gonorrhoeae T. pallidum HSV 1, 2 HIV |
*In Endemiegebieten
**PCR/NAAT ist kein Ersatz für die serologische Diagnostik, aber im frühen Primärstadium ggf. sinnvoll, da die Serologie noch negativ sein kann.
Das Wichtigste auf einen Blick
Bei der Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen ist zu berücksichtigen, dass
- nicht behandelte oder nicht erfolgreich behandelte Infektionen zu Komplikationen wie z. B. Infertilität führen können,
- bis zu 90 % der Fälle asymptomatisch verlaufen,
- zunehmende Antibiotikaresistenzen (z. B. bei N. gonorrhoeae, M. genitalium) beobachtet werden,
- stets eine Partnerdiagnostik und -therapie zur Verhinderung von Reinfektionen und Weiterverbreitung des Erregers notwendig ist,
- häufig zeitgleich mehrere behandlungsbedürftige Infektionen vorliegen,
- STI-Multiplex-PCR eine sinnvolle Alternative zu Einzel-PCR/NAAT bieten, da sie Mehrfachinfektionen nachweisen können und damit eine möglichst gezielte (Kombinations-) Therapie ermöglichen,
- Therapierfolgskontrollen mittels PCR/NAAT z. T. erforderlich sind, um persistierende Infektionen oder mögliche Resistenzentwicklungen zu erfassen.
Arztinformationen
Mycoplasma Genitalium

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