Vorsorge, Prävention

Endometriose - unspezifische Symptome verzögern die Diagnose

Bei Endometriose wächst Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter in sogenannten Endometriose-Herden im Bauchraum, hauptsächlich im Bereich des Beckens. Zu den betroffenen Organen können u. a. Darm, Blase und die Eierstöcke zählen, wodurch verschiedene Symptome verursacht werden, die u. a. zu Sterilität führen und die Lebensqualität der betroffenen Frauen stark einschränken können. Unser Beitrag bietet Ihnen einen Überblick zu Symptomen, Klassifikation und Therapie der Endometriose.

Prävalenz und Symptome

Endometriose ist neben Myomen und Gebärmuttersenkung eine der häufigsten Unterleibserkrankungen bei Frauen. Eine wichtige Frage ist die, ab welchem Alter Endometriose auftreten kann: In Deutschland sind etwa 7 – 15% aller Frauen im gebärfähigen Alter betroffen. Die höchste Prävalenz besteht in der Altersgruppe von 35 bis 45 Jahren mit ca. 12,8 pro 1000 Frauen. Symptome einer Endometriose können sich bereits in der Pubertät manifestieren und bis zu den Wechseljahren, in einigen Fällen auch darüber hinaus, bestehen bleiben. Wie die Gebärmutterschleimhaut selbst unterliegen die Endometriose-Herde zyklischen Schwankungen und wachsen und bluten hormonabhängig. Dies kann zu Verklebungen, Verwachsungen und Entzündungen führen.

Zu den häufigsten Symptomen der Endometriose gehören:

  • Unterbauchschmerzen
  • Schmerzen unmittelbar vor und während der Menstruation (Dysmenorrhö)
  • Darmbeschwerden wie Durchfälle oder Darmkrämpfe
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie)
  • starke und unregelmäßige Monatsblutungen
  • Reizungen der Blase 
  • Sterilität

Weitere mögliche Symptome, die mit Endometriose einhergehen, können sein: 

LokalisationMögliche Symptome
GeschlechtsorganeZyklusschmerzen, Schmerzen während des Eisprungs, unregelmäßiger Zyklus, Dysmenorrhö, Dyspareunie, Sterilität
VerdauungstraktEndometriose kann Übelkeit, Schmerzen beim Stuhlgang, Durchfall, Verstopfung, Krämpfe und Erbrechen verursachen.
RückenSchmerzen im unteren Rücken, Schmerzen, die in Beine/Knie ausstrahlen
HarntraktHarndrang, Schmerzen beim Urinieren
ThoraxSchmerzen im Brustkorb, Atemnot, erhöhter Herzschlag, Schulterschmerzen, Schmerzen im Unterbauch, Schwindelgefühl, Pneumothorax, Pleuraerguss, Bluthusten, Ischiasprobleme
ImmunsystemUmweltallergien, Lebensmittelunverträglichkeiten
GanzkörperEndometriose kann Migräne, Verwirrungsgefühl, Migräne, Stimmungsschwankungen, Erschöpfung, Schlafstörungen, Nachtschweiß, Frieren, niedrige Glucose-Blutwerte, niedrige Magnesiumwerte und niedrige Eisenwerte als Symptome bedingen.

Einige Patientinnen erleben keine Beschwerden durch die Endometriose; eine Behandlung ist in diesen Fällen nicht notwendig. 

Wie lässt sich Endometriose erkennen: Diagnose und Klassifikation

Der Weg zur Diagnose gestaltet sich bei Endometriose meist schwierig: Im Durchschnitt vergehen bis zu 10 Jahre, bevor die Endometriose festgestellt wird. Grund hierfür sind die eher unspezifischen Symptome und die Schwierigkeit, dass Endometriose per Ultraschall schwer erkennbar ist. Oftmals wird die Diagnose bei unerfülltem Kinderwunsch gestellt, da dann gezielt nach Ursachen gesucht wird. Grundsätzlich sollte jede Patientin in der gynäkologischen Praxis nach Symptomen wie Periodenschmerzen oder chronischen Beschwerden außerhalb der Regelblutung gefragt werden. Gibt die Patientin an, Beschwerden zu haben, sollte die weitere Abklärung anhand des folgenden Schemas erfolgen: 


Bei Schmerzen ab Stufe 7 sind folgende Untersuchungen zu empfehlen:  

  • Gynäkologische Untersuchung inkl. Spekulumuntersuchung (Endometrioseknoten intravaginal darstellbar?)
  • Rektovaginale Untersuchung (derbe, tief infiltrierende Tastbefunde Darm/Douglas?)
  • Anamnese bzgl. 
    • Miktionsbeschwerden (rezid. Blasenschmerzen, Miktionsbeschwerden?) ja: Zystoskopie sinnvoll, Blasenendometriose?
    • Stuhlgangsbeschwerden („Reizdarm", Durchfälle bei der Periode, Darmkrämpfe, blutiger Stuhlgang) ja: Koloskopie veranlassen
  • Nierensonografie: Nierenstau durch Endometriose im Bereich der Harnleiter?
  • Vaginale Sonografie
    • Unauffällig: weiterhin Verdacht auf Endometriose/Adenomyosis uteri → Hormontherapie zur „Ruhigstellung" der Herde oder Laparoskopie zur Diagnosesicherung empfehlenswert
    • Auffällige Sonografie (z. B. verdickte Uteruswand, typische eingeblutete Endometriosezyste, Kissing Ovaries): Hormontherapie oder Laparoskopie zur Diagnosesicherung empfehlen

Nach der Diagnose erfolgt meist eine #Enzian-Klassifikation, mithilfe derer sowohl invasiv als auch nicht invasiv eine vollständige und standardisierte Beurteilung der Ausprägung der Endometriose möglich ist. Die 2021 erarbeitete #Enzian-Klassifikation ist eine Weiterentwicklung der rASRM-Klassifikation, die den erhobenen Befund auf ein Gesamtstadium reduziert (flächenmäßige Beurteilung), und der bisherigen Enzian-Klassifikation, die die tief infiltrierende Endometriose beschreibt. Bisherige Studienergebnisse zur Anwendung der #Enzian-Klassifikation belegen die Anwenderfreundlichkeit sowie die hohe Genauigkeit hinsichtlich der Reproduzierbarkeit der Befunde. 

Therapie

Für die Behandlung der Endometriose kommen abhängig vom Ausmaß der Symptome und den täglichen Einschränkungen durch die Erkrankung folgende Therapien in Frage:

  • Operative Entfernung der Endometriose-Herde
  • Hormontherapie, die z.B. dienogesthaltige Antibabypille, orale Gestagentherapie (z.B. Dienogest mono. Wichtig: Kassenverordnung nur bei gesichertem operativem Nachweis möglich), Hormonspirale (insbesondere bei Hyper-/Dysmenorrhoen)
  • Schmerztherapie
  • Physiotherapie (insbesondere bei chronischen Bauschmerzen, Verwachsungsbeschwerden und Verspannungen im Unterbauch)
  • Ernährungsberatung
  • Entspannung und Bewegung

Durch die hohe Belastung der Patientinnen sollten immer auch die Auswirkungen auf das seelische Wohlbefinden betrachtet werden: Bei hohem Leidensdruck, bspw. durch ungewollte Kinderlosigkeit und hohem Stresslevel wegen der Erkrankung kann eine psychotherapeutische Begleitung sinnvoll sein. 

Fazit 

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, die bis zu 10% aller Frauen im gebärfähigen Alter betrifft und zu teilweise schwerem Symptomen führen, die die Patientinnen stark belasten können. Durch die oftmals unspezifischen Symptome wie Unterbauchschmerzen, Dysmenorrhö, Darm- und Rückenbeschwerden wird die Diagnose im Durchschnitt erst nach 10 Jahren gestellt. Grundsätzlich sollte jede Patientin in der gynäkologischen Praxis nach Periodenschmerzen oder chronischen Beschwerden außerhalb der Regelblutung gefragt werden, um eine mögliche Endometriose frühzeitig entdecken und mit der entsprechenden Therapie versorgen zu können.

 

Referenzen

 

  • Robert-Koch-Institut (Hrsg.) (2020). Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Gemeinsam getragen von RKI und Destatis. Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland. Berlin. 74–76
  • Stiftung Endometriose-Forschung zuletzt abgerufen am 29.06.2023
  • Abbas S, Ihle P, Köster I, Schubert I. Prevalence and incidence of diagnosed endometriosis and risk of endometriosis in patients with endometriosis-related symptoms: findings from a statutory health insurance-based cohort in Germany. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. 2012 Jan;160(1):79-83. doi: 10.1016/j.ejogrb.2011.09.041. Epub 2011 Nov 1. PMID: 22048012
  • Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. zuletzt abgerufen am 29.06.2023
  • Keckstein J, Hoopmann M, Hudelist G.: Die #Enzian-Klassifikation für die nicht invasive und invasive Diagnostik der Endometriose. Frauenheilkunde up2date 2023 Vol. 17 Issue 03 Pages 237-251; DOI: 10.1055/a-1719-9474
  • AWMF-S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Endometriose; AWMF-Registernummer 015/045; Stand August 2020, Version 1.0.zuletzt abgerufen am 29.06.2023

Ihr Ansprechpartner

Nadine Schmidt
news@limbachgruppe.com

 

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