Wissen rund um die Praxis, Digitalisierung

Wenn der Computer mitdenkt: von Telemedizin zu künstlicher Intelligenz in der Arztpraxis

Die Covid-19-Pandemie hat der Digitalisierung in Deutschland einen kräftigen Schub verliehen – der längst überfällige Ausbau digitaler Angebote und Services bei Behörden, im Homeschooling und Homeoffice fand in den letzten beiden Jahren vermehrt statt. Auch im Gesundheitswesen zeigt sich diese Entwicklung: Patienten nutzen vermehrt digitale Gesundheitsangebote wie Apps und Videosprechstunden. KI könnte die Patientenbetreuung der Zukunft maßgeblich mitgestalten.

Telemedizin in Deutschland: Chancen und Hürden 

Telemedizin ist per Definition die digitale Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen mittels Informations- und Kommunikationstechnologien zur sicheren Übertragung von medizinischen Daten. Sie wird genutzt zur Prävention, Diagnose, Behandlung und Nachsorge und zielt darauf ab, die Versorgung von Patienten u.a. durch Videosprechstunden und das Ausstellen von E-Rezepten zu verbessern. Doch gelingt dies auch? Daten aus anderen Ländern verdeutlichen das ökonomische und gesundheitliche Potential: In den USA und Kanada können beispielsweise bereits jetzt durch die flächendeckende Bereitstellung von E-Rezepten schätzungsweise bis zu 27 Milliarden Dollar jährlich eingespart werden. In Deutschland sind bereits seit über 40 Jahren telemedizinische Angebote meist im regionalen Kontext in der Erprobung. Viele dieser Angebote schafften jedoch in der Vergangenheit den Sprung in die breite Versorgung nicht. Bürokratische Hürden, wie etwa das Fernbehandlungsverbot und die Beschränkungen für Videosprechstunden, könnten ausschlaggebend für die bisher schleppende Etablierung der Telemedizin in Deutschland gewesen sein. Weitere Herausforderungen bei der digitalen Patientenversorgung stellt insbesondere der langsame Ausbau des Breitbandnetzes dar.

Mehr Videosprechstunden dank Covid-19

Zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie wird auch bei der Arzt-Patienten-Kommunikation weiterhin auf Kontaktbeschränkungen gesetzt, wenn der persönliche Kontakt nicht unmittelbar notwendig ist. In Folge dessen erfährt die Digitalisierung allgemein und die Telemedizin im Speziellen in Deutschland derzeit einen kräftigen Schub. Wegen der Covid-19-Pandemie wurden Begrenzungen im Bereich der digitalen Patientenversorgung aufgehoben. So war beispielsweise das Ausstellen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Telefon vorübergehend bis Mai 2020 erlaubt. Bis April 2020 durften Ärzte und Therapeuten lediglich bis zu einem Fünftel ihrer Sprechstunden digital anbieten. Die neuste Bestimmung zu Videosprechstunden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ermöglicht nun vorerst bis zum 31. März 2022 ein unbegrenztes Anbieten und Abrechnen von Videosprechstunden. 

Künstliche Intelligenz in der Telemedizin: Symptom-Checker zur Vordiagnose

Covid-19 hat die Digitalisierung vorangetrieben, aber Telemedizin hört nicht bei der Erstellung von E-Rezepten auf, sondern es gibt auch hier neue Entwicklungen; allen voran KI. KI wird weltweit in vielen Bereich genutzt, beispielsweise zur Datenanalyse für Entscheidungsprozesse, zur Prozessautomatisierung sowie als Bestandteil von digitalen Produkten und Dienstleistungen. Anwendungen auf KI-Basis könnten künftig auch vermehrt Einzug in deutsche Arztpraxen erhalten. Die Ziele sind dabei klar definiert: Mithilfe von künstlicher Intelligenz sollen genauere Diagnosen schneller gestellt werden können. Dem Arzt wird die Diagnosestellung durch das Bereitstellen von zusätzlichen Daten erleichtert: KI dient hierbei als selbstlernende Wissensquelle und Entscheidungshilfe, indem sie relevante Daten für jede Indikation und jeden Patienten individuell liefert. Ein konkretes Anwendungsbeispiel für KI in der Patientenversorgung sind digitale Symptom-Checker. Bereits vor einem persönlichen Arzttermin oder der Videosprechstunde werden mithilfe des Symptom-Checkers wichtige Daten der Patienten erfasst und in die Software der Arztpraxis eingespielt. Die KI der Anwendung stellt dann auf Grundlage einer intensiven Befragung des Patienten eine Vordiagnose, die dem Arzt einen schnellen Überblick ermöglicht. Die Kombination aus fachlicher Expertise des Arztes und Einordnung der Symptome durch die Berechnungen der KI soll eine schnellere, genauere Diagnose bei gleichzeitiger Einsparung von Wartezeiten ermöglichen. Auch Notfälle können mittels KI zuverlässig erkannt werden und ermöglichen eine schnelle Versorgung der betroffenen Patienten.

Fazit

Künstliche Intelligenz hat in der Patientenversorgung großes Zukunftspotential. Insbesondere Symptom-Checker zur Vordiagnose können mithilfe einer Schnittstelle zur Praxissoftware die Diagnose von Erkrankungen revolutionieren. Patienten können dabei von zu Hause aus bereits eine erste Einschätzung ihrer Symptome erhalten und Ärzte sind besser auf das Patientengespräch vorbereitet. Durch eine flächendeckende Anwendung von Symptom-Checkern würden diese durch ihre selbstlernenden Eigenschaften stetig verbessert werden und könnten u.a. auch eine aufkommende Infektionswelle schnell erkennen. Zukünftig könnten Symptom-Checker in Wearables – z.B. Smartwatches oder Diabetesmonitoren – eingesetzt werden, um auf diese Weise als „Frühwarnsystem“ dienen zu können. Ärzte könnten insbesondere von den Entscheidungshilfen und Daten profitieren, die die selbstlernenden Systeme bereitstellen – und darüber hinaus wertvolle Zeit im Praxisalltag einsparen.


Quellenangaben:

  1. Bertelsmann Stiftung: #SmartHealthSystems – Sonderauswertung Einsatz und Nutzung von Telemedizin – Länderüberblick, 2020; abgerufen am 21.02.2022 
  2. Kassenärztliche Bundesvereinigung: PraxisInfo Coronavirus: Hinweise zur Videosprechstunde / Januar 2022; abgerufen am 21.02.2022 
  3. PwC: Künstliche Intelligenz im Unternehmen: Eine Befragung von 500 Entscheidern deutscher Unternehmen zum Status quo – mit Bewertungen und Handlungsoptionen von PwC; abgerufen am 21.02.2022 
  4. Healthcare Computing: Ersteinschätzung per Symptom-Checker: Künstliche Intelligenz unterstützt bei der Diagnose; abgerufen am 21.02.2022 
  5. Bundesministerium für Bildung und Forschung: Check-App: Symptom-Checker auf Basis künstlicher Intelligenz; abgerufen am 21.02.2022 

Ihr Ansprechpartner

Dr. Martin Hampel
news@limbachgruppe.com

 

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