Wissen rund um die Praxis, Vorsorge

Mit Therapeutic Drug Monitoring zur individuell passenden Dosis

Beim Therapeutic Drug Monitoring (TDM) wird der Wirkstoffspiegel eines Medikaments im Blut bestimmt, um Rückschlüsse für die weitere Behandlung zu ziehen und die Medikamentendosis zu optimieren. TDM bietet sich u.a. bei Medikamenten mit einem engen, therapeutisch wirksamen Konzentrationsbereich an und bei komorbiden, pädiatrischen oder älteren Personen. Wie Ihre Patientinnen und Patienten von TDM profitieren können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Mit TDM zum optimalen Wirkspiegel

TDM ermöglicht eine Individualisierung der Dosis, die bei bestimmten Wirkstoffen von großer Bedeutung ist. Um einen optimalen Wirkspiegel zu erreichen, sind sowohl die Wirkstoffeigenschaften als auch personenbezogene Faktoren wie beeinträchtigte Resorption, Nieren- bzw. Leberfunktion, oder Interaktionen mit anderen Wirkstoffen zu berücksichtigen. Denn nicht die eingenommene Dosis bestimmt die Wirkung eines Medikaments, sondern dessen Spiegel im Blut bzw. am Wirkort. Folgende wirkstoffspezifische Parameter können eine Dosisindividualisierung notwendig machen:

  • Der therapeutisch wirksame Konzentrationsbereich ist eng, d.h. die Schwelle zu starken Nebenwirkungen liegt sehr nah am optimalen Dosisbereich
  • Die Bioverfügbarkeit ist variabel (unzuverlässige Resorption, ausgeprägter First-Pass-Effekt)
  • Eine Änderung der Dosis führt nicht linear zur Änderung des Wirkspiegels
  • Die Abbaurate des Wirkstoffs schwankt innerhalb der Behandlung
  • Es bestehen pharmakokinetische Interaktionen mit der Komedikation

TDM ist auch dann relevant, wenn bei Patientinnen und Patienten Polymorphismen der metabolisierenden Enzyme vorliegen, die eine deutliche Veränderung des Wirkspiegels zur Folge haben. Auch bei einer Langzeittherapie oder wenn das Medikament zur Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen eingesetzt wird, kann eine regelmäßige Kontrolle des Wirkspiegels sinnvoll sein. Bleibt der gewünschte Therapieerfolg aus, kann TDM Aufschluss darüber geben, ob eine ausreichende Therapie-Adhärenz gegeben ist (Compliance-Überprüfung) oder eine etwaige Komedikation bzw. die zugrundeliegende Komorbidität die Wirkung des Zielmedikaments beeinflussen. Bei einigen Medikamenten, wie etwa Antiepileptika, kann die richtige Dosierung nicht gut anhand der Wirkung abgeleitet werden, da die Erkrankung nur anfallsartig in Erscheinung tritt. In solchen Fällen kann über TDM bestimmt werden, ob das Medikament in der optimalen Konzentration im Blut vorliegt – dieses Therapiemonitoring wird üblicherweise zu Beginn der Behandlung sowie im Verlauf in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Die Wirkspiegel können auch vom Alter der Patientin oder des Patienten abhängen – Menschen ab 60 Jahre und Kinder oder Jugendliche brauchen bei bestimmten Medikamenten eine individuelle Dosisanpassung. Eine für eine Person geeignete Dosis kann bei einer anderen wenig wirksam sein oder sogar starke Nebenwirkungen hervorrufen. Neben der Organfunktion können sich auch Geschlecht, Gewicht und die Ernährung auf die Medikamentenspiegel auswirken. Eine Übersicht zu TDM finden Sie in unserem LaborAktuell-Beitrag Messung der Medikamentenspiegel.

♦Ca. 7 % der unerwünschten Arzneimittelwirkungen sind auf pharmakokinetische Interaktionen zurückzuführen. Ihre Häufigkeit nimmt exponentiell mit der Anzahl der gleichzeitig verabreichten Medikamente zu. 

 

Bestimmung der Wirkspiegel im Labor

Für die Bestimmung des Wirkspiegels werden in der Regel die Berg- oder die Talspiegel im Blut im Steady State (der Zustand nach der Aufsättigungsphase mit gleicher Aufnahme und Elimination im Fließgleichgewicht) herangezogen. Ein Steady State stellt sich meist nach ca. 5 Halbwertszeiten eines Medikaments im Blut ein – der optimale Zeitpunkt für die Blutabnahme ist deshalb stark vom jeweiligen Wirkstoff abhängig. Ob Berg- oder Talspiegel untersucht werden sollen ist ebenso vom jeweiligen Wirkstoff bzw. von der Fragestellung (Überprüfung der Wirksamkeit oder der Toxizität) abhängig. Die Blutentnahme zur Bestimmung des Talspiegels sollte unmittelbar vor der nächsten Dosisgabe erfolgen. Die Bestimmung des Bergspiegels gestaltet sich etwas schwieriger als die des Talspiegels: Die maximale Serumkonzentration ist u.a. abhängig von den Eigenschaften des Wirkstoffs sowie der Applikationsart. Die Blutentnahme bei oraler Gabe sollte wirkstoffabhängig 1 – 4 Stunden nach der Einnahme erfolgen. Bei Infusionen werden die Bergspiegel meist nach etwa 30 – 60 Minuten nach Ende der Infusion, nach der sog. Verteilungsphase, bestimmt. Wirkstoffspezifische Ausnahmen, bspw. bei Depot-Präparaten, sollten hier immer beachtet werden. Tabelle 1 zeigt vereinfacht das Vorgehen zur Dosisindividualisierung im Rahmen eines TDM.


Tabelle 1: Ausgehend von Tal- und Maximalspiegel werden Dosis und/oder Dosisintervall angepasst. Adaptiert von Therapeutisches Drug Monitoring – Arzneimitteltherapie nach Maß; Pharmazeutische Zeitung 2018

TalspiegelMaximalspiegelDosisDosisintervall
normalnormalunverändertunverändert
zu hochzu hocherniedrigenverlängern
zu hochzu niedrigerhöhenverlängern
zu niedrigzu niedrigerhöhenverkürzen
normalzu hocherniedrigenunverändert
normalzu niedrigerhöhenunverändert
zu hochnormalunverändertverlängern
zu niedrignormalunverändertverkürzen


Eine grafische Darstellung zur Überprüfung des Wirkspiegels eines Medikaments finden Sie hier.

Zur Beurteilung der Ergebnisse des TDM sollten Sie die Indikation der Spiegelbestimmung, den genauen Zeitpunkt der Blutabnahme sowie der letzten Dosisgabe, den Zeitpunkt der letzten Dosisanpassung, das Körpergewicht und Kreatinin bzw. die Kreatinin-Clearance auf dem Untersuchungsantrag angeben. Die Limbach Gruppe hat chromatographische Methoden zur Bestimmung von Spiegeln aus über 300 Medikamenten etabliert. Die bevorzugte Methodik ist dabei HPLC (High Performance Liquid Chromatography) mit anschließender hoch sensitiver Massenspektrometrie. Im Leistungsverzeichnis finden Sie Hinweise zur Präanalytik der einzelnen Substanzen mit den jeweiligen Zeitpunkten, zu denen idealerweise die Berg- und Talspiegel bestimmt werden sollten. Insbesondere die Gabe von Psychopharmaka, Immunsuppressiva und Antiarrhythmika sollte eng überwacht werden. Unsere Ansprechpartner im Bereich TDM stehen Ihnen gerne für Ihre Fragen zur Verfügung.

Referenzen:
1. Wünsche F: Therapeutisches Drug Monitoring – Arzneimitteltherapie nach Maß. Pharmazeutische Zeitung; Ausgabe 29/2018
2. Rentsch KM: Update zum Therapeutic Drug Monitoring und zu pharmakogenetischen Untersuchungen zur Optimierung der Therapie mit Psychopharmaka. J Lab Med 2014; 38(2): 63–74
3. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM): Medikamentenmonitoring. AWMF-Registernr. 053/037, Klasse S1. Stand: 09/2013

 

 

Ihr Ansprechpartner

Dr. Martin Hampel
news@limbachgruppe.com

> zurück zum Blog

 

Zahlen, Daten und Fakten zu den gängigen Volkskrankheiten

Zum Artikel

Trisomie-Bluttest für Schwangere wird ab 2022 Kassenleistung

Zum Artikel

Long-COVID – Mechanismen, Risikofaktoren und Management

Zum Artikel

Um diese Webseite für Sie optimal zu gestalten und Zugriffe zu analysieren, verwenden wir Cookies. Mit Klick auf Zustimmen erklären Sie sich damit einverstanden. Ihre Zustimmung können Sie jederzeit widerrufen. Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung