COVID-19

Nebenwirkungen der Pandemie bei Erwachsenen: Alkoholismus, Adipositas und Phobien

Die Corona-Pandemie hat weitreichende Folgen auf die Gesundheit vieler Menschen. Aus Angst vor einer Infektion oder durch Überlastung der Praxen wurden vielerorts Vorsorgeuntersuchungen verschoben – eine besorgniserregende Entwicklung. Veränderte Lebensumstände der Menschen sind zusätzliche Nebenwirkungen der Pandemie, die zu gesundheitlichen Folgen wie Alkoholismus, Adipositas oder Phobien führen können. In unserem Beitrag beleuchten wir aktuelle Daten dazu.

Alkohol während Corona: nicht exzessiver, aber häufiger

Alkohol wird u.a. zur Stressreduktion konsumiert, beispielsweise nach traumatischen Erlebnissen. Laut OECD-Bericht (Organisation for Economic Co-operation and Development) aus dem Jahr 2021 hat die Pandemie einen Einfluss auf die Trinkgewohnheiten vieler Menschen: 36 % der Befragten aus 11 verschiedenen Ländern gaben an, ihren Alkoholkonsum erhöht zu haben. Nationale Daten aus Großbritannien und den USA bestätigen dies: Dort sind während des ersten Lockdowns im Jahr 2020 die durchschnittlichen Gesamteinnahmen aus der Alkoholsteuer um ca. 4 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen, in Deutschland um 3,3 %. Die Frequenz des Alkoholkonsums erhöhte sich bei 43 % der Befragten. Das sogenannte Binge-Drinking, also der Konsum von mehr als 80 % einer Flasche Wein oder mehr als 1,5 Liter Bier pro Trinkgelegenheit, veränderte sich insgesamt nicht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
 

Adipositas und Corona befeuern sich gegenseitig

Mithilfe einer Online-Befragung erfasste ein Forscherteam der TU München, welchen Einfluss die Corona-Pandemie auf die Entwicklung des Körpergewichts bei erwachsenen Menschen hat. Rund 40 % der Befragten gaben an, seit Beginn der Pandemie zugenommen zu haben, bei den 30- bis 44-Jährigen waren es sogar 48 %. Eine noch stärkere Gewichtszunahme von 53 % ergab sich durchschnittlich bei Befragten, die zuvor schon übergewichtig waren. Die Corona-Pandemie befeuert also die bereits bestehende Adipositas-Pandemie. Adipöse Menschen wiederum erleiden oftmals schwerere Corona Krankheitsverläufe. Der häufigste Grund für die Gewichtszunahme ist Bewegungsmangel: 52 % der Befragten gaben an, sich weniger bewegt zu haben, u.a. aufgrund von Homeoffice und geschlossenen Fitnessstudios oder ausgefallenen Kursen in Sportvereinen. Soziale Isolation und fehlende Strukturen können aber auch emotionalen Stress und psychische Belastungen hervorrufen. Essen dient in diesen Fällen oft als Stressbewältigung, die Gewichtszunahme wird dadurch noch weiter verstärkt.
 

Seltene Phobien kommen durch Corona zum Vorschein

Durch die zahlreichen Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie kam und kommt es gehäuft zur Entwicklung von Phobien. Die wohl bekannteste Phobie, die durch die Corona Pandemie an Relevanz gewonnen hat, ist die Mysophobie - die Angst vor einer Ansteckung durch Viren oder Bakterien. Betroffene vermuten überall schädliche Einflüsse und kompensieren dies mit einem Putz- oder Waschzwang. Auch die Spritzenangst (Trypanophobie) ist, insbesondere durch die Impfungen gegen COVID-19, vermehrt ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Einige Menschen entwickeln auch eine Angst gegen Impfungen an sich, sie leiden dann unter Vaccinophobie. Eine seltene Phobie ist die Prosoponophobie, die Angst vor Masken. Sie stellte und stellt Betroffene wegen der Maskenpflicht im öffentlichen Raum vor große Herausforderungen. Eine Studie aus Großbritannien untersuchte die psychologischen und sozialen Auswirkungen der Pandemie in Hinblick auf ein sogenanntes COVID 19 Angst Syndrom. Betroffene zeigen eine unverhältnismäßige Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV 2, die sie die meiste Zeit des Tages beschäftigt. Sie vernachlässigen oftmals ihre Arbeit und soziale Kontakte und haben ein erhöhtes Risiko, im weiteren Verlauf eine generalisierte Angststörung, eine posttraumatische Belastungsstörung, Zwangserkrankungen oder Erschöpfungszustände bis hin zu Suizidabsichten zu entwickeln.

Phobie-BezeichnungBeschreibung
MysophobieAngst vor der Ansteckung durch Krankheitserreger und vor Kontakt mit Schmutz
TrypanophobieAngst vor Injektionen und Spritzen
VaccinophobieAngst vor Impfstoffen und Impfungen
ProsoponophobieAngst vor Masken und vor Menschen, die eine Maske tragen

Fazit

Die Corona-Pandemie hat in verschiedener Hinsicht zu einem vermehrt negativem Gesundheitsverhalten geführt. Aus dem OECD-Bericht 2021 geht hervor, dass mehr als ein Drittel der Befragten häufiger Alkohol trinken als vor der Pandemie. In einer Online-Befragung der TU München geben rund 40 % der Befragten an, seit Beginn der Pandemie an Gewicht zugenommen zu haben. Zudem leiden mehr Menschen unter Phobien, darunter Mysophobie (Angst vor einer Ansteckung) und Prosoponophobie (Angst vor Masken und vor Menschen, die Maske tragen). Präventive Maßnahmen, bspw. eine Zuckersteuer oder ein größeres kostenfreies Angebot an Sportkursen, könnten die verstärkte Entwicklung der daraus entstehenden Erkrankungen bremsen. Insgesamt wird deutlich, dass die Pandemie neben zahlreichen Corona-Krankheitsfällen auch sekundäre Folgen für das Gesundheitssystem hat und dieses zukünftig noch weiter belasten wird.

 

Referenzen:

  1. OECD: Editorial: Preventing harmful alcohol consumption to promote healthier and stronger recovery after COVID-19; www.oecd-ilibrary.org/sites/6e4b4ffb-en/1/2/3/index.html; zuletzt abgerufen am 11.08.2022
  2. GEO: Während Corona-Krise "Adipositas-Pandemie": Deutsche legen deutlich an Gewicht zu: www.geo.de/wissen/gesundheit/-adipositas-pandemie---deutsche-legen-deutlich-an-gewicht-zu-30556694.html; zuletzt abgerufen am 04.08.2022.
  3. zdf heute: Corona und Binge-Eating: Der Kühlschrank als falscher Freund: www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-essstoerung-psychische-folgen-binge-eating-100.html; zuletzt abgerufen am 04.08.2022
  4. Ärzteblatt: Phobien: Nebenwirkungen der Pandemie; www.aerzteblatt.de/archiv/223857/Phobien-Nebenwirkungen-der-Pandemie; zuletzt abgerufen am 11.08.2022
  5. Ärzteblatt: Ansteckungsangst: Vom Gefühl, beschmutzt zu sein; www.aerzteblatt.de/archiv/173525/Ansteckungsangst-Vom-Gefuehl-beschmutzt-zu-sein; zuletzt abgerufen am 11.08.2022
  6. Albery IP, Spada MM, Nikčević AV. The COVID-19 anxiety syndrome and selective attentional bias towards COVID-19-related stimuli in UK residents during the 2020-2021 pandemic. Clin Psychol Psychother. 2021 Nov;28(6):1367-1378. doi: 10.1002/cpp.2639. Epub 2021 Jul 1. PMID: 34169609; PMCID: PMC8426988.

Ihr Ansprechpartner

Dr. Martin Hampel
news@limbachgruppe.com

 

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