IGeL, Vorsorge, Prävention

Vorsorge in der Schwangerschaft – von Antikörpersuchtest bis Windpocken

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 773.144 Kinder geboren, für 2022 wird mit einem leichten Anstieg gerechnet. Das Durchschnittsalter der Mütter lag 2020 beim ersten Kind bei 30,2 Jahren – und damit unterhalb der Grenze von 35 Jahren, ab der per Definition eine Risikoschwangerschaft vorliegt. Wenn Schwangere sich unabhängig vom Risikostatus zusätzliche Untersuchungen wünschen, sind eine umfassende Beratung sowie ein schriftlicher Vertrag Voraussetzung für die Erbringung und Abrechnung der Leistung. In unserem Beitrag erhalten Sie einen Überblick über sowohl Kassen- als auch individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL).

Antikörpersuchtest auf Ringelröteln

Die durch das Parvovirus B19 verursachte Kinderkrankheit Ringelröteln kann bei Ungeborenen durch Schädigung der blutbildenden Zellen eine Anämie hervorrufen. Bauch und Brustkorb der betroffenen Kinder lagern Flüssigkeit ein – es kommt zum Hydrops fetalis. Das Risiko für schwere Schädigungen ist im ersten und zweiten Trimenon am größten. Insbesondere in der ersten Hälfte der Schwangerschaft kann es außerdem zu einem Spontanabort kommen. Schwangere mit regelmäßigem Kontakt zu Kindern, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, sind besonders infektionsgefährdet. Bei positivem IgM-Befund ist eine weitere diagnostische Abklärung, bspw. in Form von PCR, notwendig. 

SpeziesParvovirus B19
Auswirkungen auf das UngeboreneAnämie, Hydrops fetalis, Spontanabort
Untersuchungsmaterialhauptsächlich mütterliches Blut (IgG, IgM); 
Fruchtwasser und/oder Fetalblut (DNA) nur in Ausnahmefällen
 
Kassenleistungnach Kontakt mit einer infizierten Person zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft 
IGeLbei Kinderwunsch oder zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft ohne vorherigen Kontakt mit einer infizierten Person

 

B-Streptokokken

Einige Schwangere tragen B-Streptokokken in sich. Besonders kritisch ist die Besiedlung von Scheide und Enddarm. Eine Infektion des Kindes bei der Geburt ist möglich und mit einem erhöhten Risiko für Sepsis, Pneumonie und Meningitis assoziiert. Durch einen entsprechenden Abstrich kann eine Infektion nachgewiesen werden und unter der Geburt entsprechend eine Antibiose eingeleitet werden.

SpeziesBeta-hämolysierende Streptokokken
Auswirkungen vor und bei der GeburtSepsis, Pneumonie, Meningitis
UntersuchungsmaterialVaginal- und Anusabstrich
Kassenleistungzwischen der 35. – 37. SSW bei Verdacht auf eine Besiedlung 
IGeLzwischen der 35. – 37. SSW, wenn kein Verdacht auf eine Besiedlung besteht 

Cytomegalie

Eine Infektion mit dem Cytomegalievirus kann schwere Schäden insbesondere in Form von Wachstumsverzögerungen, Hörschäden und neurologischen Spätfolgen hervorrufen. Cytomegalieviren werden vor allem über Körperflüssigkeiten wie Speichel oder Urin übertragen. Schwangere, die bereits ein Kleinkind haben, sollten daher strenge Hygieneregeln im Umgang mit Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen befolgen. Eine regelmäßige Testung auf eine Cytomegalievirus-Infektion sollte mindestens bis zur 24. SSW sowie zu Beginn des 3. Trimenons erfolgen.

SpeziesCytomegalievirus; auch humanes Herpesvirus 5 (HHV-5)
Auswirkungen auf das UngeboreneWachstumsverzögerungen, Hörschäden, neurologische Spätfolgen 
Untersuchungsmaterialmütterliches Blut (IgG, IgM), Fruchtwasser (Virusnachweis), Nabelschnurblut (Virusnachweis)
Kassenleistungbei Verdacht auf eine Infektion zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft 
IGeLab Kinderwunsch; bei fehlender Immunität (IgG-negativer Befund) regelmäßig alle 6 – 8 Wochen bis zur 24. SSW, sowie zu Beginn des 3. Trimenons

Toxoplasmose

Eine Infektion mit Toxoplasma gondii kann insbesondere im ersten Trimenon schwerwiegende Auswirkungen auf das Ungeborene haben, u.a. Hepatosplenomegalie, Ikterus, Myokarditis, Pneumonie und Hydrozephalus. Gegen Ende der Schwangerschaft steigt das Infektionsrisiko, die zu erwartenden Schädigungen werden aber deutlich geringer. Ein Test auf Toxoplasmose ist insbesondere ab Kinderwunsch und in der Frühschwangerschaft sinnvoll. Schwangere sollten im Umgang mit Katzen und deren Ausscheidungen auf strenge Hygiene achten sowie kein rohes Fleisch und keinen ungewaschenen Salat essen.

SpeziesToxoplasma gondii
Auswirkungen auf das NeugeboreneHepatosplenomegalie, Ikterus, Myokarditis, Pneumonie, Hydrozephalus
Untersuchungsmaterialhauptsächlich mütterliches Blut (IgG, IgM)
Kassenleistungbei Verdacht auf eine Infektion zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft 
IGeLab Kinderwunsch oder bei positivem Schwangerschaftstest; bei fehlender Immunität (IgG-negativer Befund) während der Schwangerschaft alle 8 – 10 Wochen 

Windpocken

Die meisten Schwangeren sind entweder gegen Windpocken geimpft oder haben eine Infektion mit dem Varicella-zoster-Virus als Kind durchgemacht. Bei Frauen mit Kinderwunsch muss zunächst der Impfstatus überprüft werden. Ungeimpfte Frauen sollten vor der Schwangerschaft zweimal im Abstand von einem Monat gegen Windpocken geimpft werden. Bei seronegativen, ungeimpften Schwangeren führt eine Infektion in ca. 1 – 2 % der Fälle zu einer diaplazentaren Übertragung auf das Ungeborene. Bei Kontakt mit einer infizierten Person sollten innerhalb von 96 h Varizellen-Immunglobuline gegeben werden.  

SpeziesVaricella-zoster-Virus
Auswirkungen auf das Ungeborenefetales Varizellensyndrom mit u.a. Hautveränderungen, neurologischen Erkrankungen, Augenschäden und Skelettanomalien
Untersuchungsmaterialbei Verdacht auf eine Infektion zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft und im Rahmen der Empfängnisregelung bei unklarer Varizellen-Immunität
Kassenleistungbei unklarem Impf- oder IgG-Status oder bei Ablehnung einer Impfung
IGeLBlut

Fazit

Rund um die Schwangerschaft bieten sich wegen des hohen Risikos für Ungeborene Untersuchungen auf Ringelröteln, B-Streptokokken, Cytomegalie, Toxoplasmose und Windpocken an. Bereits bei Kinderwunsch kann der Immunstatus der Frau, beispielsweise im Hinblick auf Ringelröteln oder Windpocken, bestimmt werden. Bei positivem IgG-Befund ist eine durchgemachte Infektion der Mutter anzunehmen, wodurch auch das Ungeborene geschützt ist. Bei seronegativen Schwangeren sollte der Immunstatus regelmäßig überprüft werden, um eine Infektion möglichst früh zu erkennen. Wenn kein erhöhtes Risiko für eine Infektion vorliegt, sind die Untersuchungen Selbstzahlerleistungen. Eine umfassende Beratung der Schwangeren ist dann Voraussetzung zur Leistungserbringung und sollte eine individuelle Risikoabwägung beinhalten, denn nicht alle Schwangeren sind gleichermaßen gefährdet. Eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung mit ausführlicher Information der Schwangeren bildet die Basis der Beratung für zusätzliche Leistungen. Wie bei allen Zusatzleistungen gilt es, Notwendigkeit und Nutzen abzuwägen sowie eine angemessene Vorsorge für werdende Mütter und Ungeborene zu ermöglichen.


Quellenangaben:

  1. IQWiG: gesundheitsinformation.de: Welchen Nutzen hat ein Screening auf B-Streptokokken in der Schwangerschaft?; abgerufen am 11.02.2022
  2. Bundesministerium für Gesundheit: gesund.bund.de: Ringelröteln; abgerufen am 11.02.2022 
  3. Ratgeber des Robert Koch Instituts zu Toxoplasmose; abgerufen am 11.02.2022 
  4. Ratgeber des Robert Koch Instituts zu Windpocken; abgerufen am 11.02.2022 
  5. Ratgeber des Robert Koch Instituts zu Zytomegalievirus-Infektion; abgerufen am 11.02.2022 
  6. Abrechnung und Ausnahmekennziffern Limbach Gruppe; abgerufen am 11.02.2022 

Ihr Ansprechpartner

Nadine Schmidt
news@limbachgruppe.com

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